Ergonomie im Rettungsdienst

Empirische Untersuchung zur ausrüstungsbedingten physischen Belastung im Rettungsdienst

Der Rettungsdienst wird insbesondere in urbanen Gebieten hochfrequent zu den verschiedensten Notfällen alarmiert. Bei stetig steigenden Einsatzzahlen, dem Arbeiten im Schichtdienst, der auch Spitzenbelastungen in den physiologischen Ruhezeiten abverlangen kann, wird diese Beanspruchung durch weitere Einflüsse erhöht. Die Einsätze mit und ohne Vorrecht im Straßenverkehr werden häufig an unbekannten Orten und unter wechselnden Umgebungsbedingungen durchgeführt.

Zu jeder einzelnen Alarmierung in der Primärrettung wird von der Besatzung die Notfallausrüstung mitgeführt. Bei dieser handelt es sich im Wesentlichen um Ausrüstungsgegenstände, die zur Aufrechterhaltung und Wiederherstellung der Vitalfunktionen beitragen. Der Rettungsdienst steht dabei aus der Historie begründet noch unter der Schirmherrschaft der Träger, welche die Patienten aus Ihrer Situation retten und der Klinik zuführen. Im Wandel der Zeit haben sich die Aufgaben des Rettungsdienstes zunehmend zur kompetenten und umfangreichen medizinischen Erstversorgung gewandelt. Dabei stellt sich die Frage, ob die eingesetzte Notfallausrüstung unter den Prüfpunkten des Arbeitsschutzes und der Arbeitsergonomie standhalten kann oder ob eine generelle Optimierung und ggf. Anpassung der Ausrüstung auf spezifische Szenarien aufgrund neuer Technologien notwendig ist, um auch den wechselnden Anforderungen gerecht werden zu können.

Aus diesem Grund wurde in dieser Arbeit anhand eines fiktiven Szenarios geklärt, mit welcher physischen Belastung die Kolleg*innen zu jedem Einsatz gehen und ob dies nach den aktuellen arbeitsmedizinischen Erkenntnissen tragfähig ist oder bereits eine gesundheitliche Gefährdung für die Mitarbeiter*innen darstellt.

Im Ergebnis zeigt sich, dass den eingesetzten Kräften eine regelmäßig zu schwere Ausrüstung zugemutet wird. Insbesondere für ein Team, bestehend aus zwei Mitarbeiterinnen, kann die vorgesehene Maximalbelastung bei fast keinem der untersuchten Rettungsdienste eingehalten werden. Eine eingesetzte Besatzung aus zwei männlichen Kollegen kann diese Maximalbelastung häufig auch nur bei einer gezielten, abgesprochenen und ausgewogenen Verteilung der mitgeführten Gegenstände erreichen. Die neuen Erkenntnisse zur Verbesserung der Ergonomie in Form von zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln nehmen zu, sind jedoch noch nicht flächendeckend etabliert worden. Weiterhin wurden die Möglichkeiten zur Mitnahme, z.B. Tragegriffe und Gurte, noch keiner eigenständigen Prüfung in Bezug auf die Arbeitsergonomie unterzogen. Die Griffe an diesen Geräten sind meistens zum kurzfristigen Heben und Halten angefertigt, jedoch nicht für den Transport über längere Strecken und Etagen. Bei letzterem wird im Rahmen der Erhebung deutlich, dass viele Einsatzkräfte keine Hand mehr frei haben, um sich vor Stürzen schützend am Geländer festhalten zu können oder Türgriffe und Klingeln zu bedienen, ohne die Ausrüstung abzusetzen.

Zukünftig können und müssen die rettungsdienstlichen Organisationen und Hersteller für Notfallausrüstungen enger zusammenarbeiten, um die Gesunderhaltung der eingesetzten Kolleg*innen auch langfristig in diesem Berufsbild ermöglichen zu können, ohne arbeitsrechtliche Vorgaben zu verletzen.

Die langfristige Beschäftigung im Berufsfeld Rettungsdienst, unter anderem durch Vermeidung von Ausfällen durch körperliche Beschwerden, sowie die Minimierung von Erkrankungen oder Verletzungen des Bewegungsapparates, welche im Regelfall einer erschwerten Anerkennung unterliegen, stehen dabei im Interesse aller Beteiligten.

Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung …1
1.1 Abstract …2
1.2 Untersuchungsgegenstand …3
1.3 Forschungsfragen .…3
1.4 Literaturrecherche und Auswahl …4
1.4.1 Datenbanken …4
1.4.2 Suchworte …6
2 Rechtliche Grundlagen …7
2.1 Übergeordnete Gesetze und Verordnungen …8
2.2 Arbeitsrecht und Arbeitsschutz …9
2.2.1 Dimensionen des Arbeitsschutzes …11
2.3 Landesrecht …13
2.4 Empfehlungen …13
2.5 Arbeitsmedizinische Grundlagen …14
2.6 Rettungsdienstliche Grundlagen …15
2.6.1 Hilfsfrist …15
2.6.2 Besatzung und Fahrzeugstrategie …16
2.6.3 Ausrüstungsgegenstände im Rettungsdienst …17
3 Methodik …18
3.1 Erhebungsbogen .…19
3.1.1 Stichprobengröße …19
3.1.2 Teilnehmerauswahl …20
3.1.3 Alarmierungsstichwort …20
3.2 Empirische Untersuchung …22
3.2.1 Methodik …22
3.2.2 Material …22
3.2.3 Durchführung …24
3.2.4 Besonderheiten …24
4 Ergebnisse …26
4.1 Verletzungshäufigkeiten …27
4.2 Vorgaben des Arbeitgebers …28
4.3.1 EKG-Gerät / Defibrillationseinheit …31
4.3.2 Beatmungsgerät …32
4.3.3 Medizinischer Sauerstoff …33
4.3.4 Absaugeinheit …34
4.3.5 Notfallrucksack …34
4.3.6 Notfallkoffer / Notfalltrolley …37
4.3.7 Dokumentationseinheit …38
4.3.8 Kindernotfalltasche …39
4.4 Aufteilung der Ausrüstung im eingesetzten Rettungsteam …40
4.5 Erweiterte Notfallausrüstung …42
4.6 Transportmittel …43
5 Diskussion …44
5.1 Mögliche Ansatzpunkte für eine Gewichtsreduktion …45
5.1.1 Medizinische Geräte …52
5.1.2 Dokumentationseinheit …52
5.1.3 Medizinischer Sauerstoff …54
5.1.4 Notfallrucksack …55
5.1.6 Verlastung der Ausrüstung …60
5.1.7 Ausstattungsvariante des Notfallrucksacks …62
5.1.8 Ausstattung …62
5.1.9 Transportmittel …65
5.1.10 Persönliche Schutzausrüstung (PSA) …67
5.2 Aufteilung im Team und der Gerätetransport am Einsatzort …68
6 Ausblick …70
6.1 Ausstattung der Fahrzeuge …72
6.2 Angewandte Rucksackstrategie …72
6.3 Anpassung der Beladepläne …73
6.4 Entfernung vom abgestellten Rettungsmittel zum Notfallort …75
6.5 Körperliche Beschwerden und Vorbeugung …75
6.6 Ergonomische Aspekte der Verteilung, Trageweise und Schutzkleidung …76
7 Anmerkungen …76
8 Zusammenfassung …77
8.1 Fazit …80
8.2 Kritische Reflexion …83
Literatur
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Statistisches Bundesamt (2019) Statistisches Jahrbuch Deutschland 2019.

Steinborn V (2010) Verordnung über Arbeitsstätten: Mit Technischen Regeln für Arbeitsstätten, befristet weitergeltenden Arbeitsstättenrichtlinien, Baustellenverordnung – mit Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen -, Arbeitsschutzgesetz, Bildschirmarbeitsverordnung, Lastenhandhabungsverordnung und PSA-Benutzungsverordnung. 18. Aufl., Kohlhammer, Stuttgart.

Tannenhauer J (Hrsg.) (2013) Handlungsanleitung zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen bei manuellen Arbeitsprozessen. Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Dresden.

Unfallkasse Nordrhein-Westfalen Regionaldirektion Rheinland (2019) Sicherer Rettungsdienst.

Verordnung über die Bemessung des Bedarfs an Einrichtungen des Rettungsdienstes. (Abruf: 1. Juli 2020).

Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der manuellen Handhabung von Lasten bei der Arbeit (Lastenhandhabungsverordnung – LasthandhabV). (Abruf: 9. Juli 2021).

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